Toronto-Segen today?

"Pastor, ich war neulich in einer Versammlung, in der ein Haufen Leute plötzlich gekichert und gelacht haben. Manche haben auch gegackert und andere Geräusche von sich gegeben. Dann haben sich viele eigenartig bewegt. Manche haben sich, schien mir, verkrampft. Mir wurde gesagt, das sei vom Hl. Geist."

Ja. Und der Mond ist aus grünem Käse.

Nun ist es so:
Im kanadischen Toronto ereignete sich ab 1994 eine Erweckung, die weltweit Wellen geschlagen hat und viele segnete. Viele erlebten dort eine Vertiefung ihrer Beziehung zu Gott. Herausragendes Merkmal war ein freies, spontanes Kichern und Lachen, das mehr und mehr über die Leute kam. Sie waren wie betrunken im Hl. Geist. Teils sanken sie von ihren Sitzen. (1987, also Jahre vorher, befand ich mich in Tampa, Florida, wo ich das Phänomen selber kennenlernte. Es war wunderbar).

Der Sachverhalt des Trunkenwerdens im Geist ist biblisch:
"Und berauscht euch nicht mit Wein, worin Ausschweifung ist, sondern werdet voller Geist." Durch Lobpreis. Epheser 5, 18.

Jesus selber "frohlockte" im Geist.
"In dieser Stunde jubelte Jesus im Geist und sprach: Ich preise dich, Vater...!" Lukas 10, 21.

Paulus war "außer sich."
"Sei es, daß wir außer uns waren, so waren wir es für Gott; sei es, daß wir vernünftig sind, so sind wir es für euch." 2 Korinther 5, 13

Im Urtext wird für "außer sich sein" das Wort existemi benutzt, von dem das Wort Ekstase kommt.
Paulus hatte also emotionale Erlebnisse mit Gott. Allerdings ging er damit nicht hausieren. Er hatte sie nicht immer und überall. Vielmehr legt er in Versammlungen großen Wert darauf, daß alles anständig und in Ordnung geschehe. (1 Korinther 14, 40). Vor allem, um neue Leute und Besucher nicht vor den Kopf zu stoßen. (1 Kor. 14, 23).

Die Aufmerksamkeit im Gottesdienst gebührt Jesus und nicht den emotionalen Hochzuständen mancher Anbeter. Paulus wollte, daß wir das nicht vergessen.

Aber es ist schon drin, daß große Freude in christlichen Versammlungen aufkommt.(Apostelgeschichte 8, 8).

Das geschah in Toronto.
Man versuchte, den Toronto-Segen zu exportieren, was natürlich schwierig war. Den Obersaal mit seinem Brausen und seinen Feuerzungen konnten die Pilger zu Pfingsten ja auch nicht mit nach hause nehmen. (Den Hl. Geist schon).

So wurde also auch in Deutschland gelacht.
In der Gemeinde auf dem Weg in Berlin war das seinerzeit sogar echt. Es hat sich aber im Land nicht ausgebreitet.

Irgendwann war die Freude allein auch in Toronto nicht mehr genug.
Irgend jemand begann zu röhren wie ein Löwe. Dann gackerte jemand wie ein Huhn. Andere bewegten sich komisch, ruckelten und zuckelten--und plötzlich hatten die dort einen regelrechten Zoo.

Das war der Moment, an dem der Toronto-Segen seinen prekären Ruf bekam.

Denn man exportierte nun auch das Gestöhne, das Geschrei und die funky Bewegungen.
Dabei war das nicht Gott, der die Leute so führte, sondern deren Fleisch.
Gott schenkte das Lachen und die Freude an der Erlösung.
Fleischlich verlackmeiert haben es jene, denen Gott nicht genug ist.

Ich war in den neunziger Jahren als Besucher in deutschen Toronto-Versammlungen und sah mit eigenen Augen, wie abgefahren sich manche aufführen, wenn der "Geist" sie rüttelt.
Eine Freakshow.

Es war ein himmelweiter Unterschied zu meinen wunderbaren Erlebnissen mit dem Original '87 in Tampa bei Ed Dufresne. Das war schön, rein, spontan, erbaulich. Das geisterfüllte Lachen der einen steckte die anderen an, bis sich alle freuten.

Nun gibt es offenbar bis heute Versammlungen im Land, in denen die pseudo-ekstatischen Aspekte eines vermüllten Toronto-Segens praktiziert werden.

Wollen wir nicht. Brauchen wir nicht.

Was wir wollen, ist die echte Neuerfüllung mit dem Hl. Geist, die Gott von Zeit zu Zeit im Gottesdienst schenkt. Tat er in der Apostelgeschichte dauernd. (Apg. 2, 4; 4, 31; 11, 15).

Gott macht uns jedoch nicht zu Spektakeln, Störfaktoren oder Salbungsbremsen, wenn er das tut.

Würde Jesus sich im Gottesdienst zum Freak machen?
Ich denke nicht.
So macht man keine Jünger.

Wir begegnen solchen Torontisten mit Liebe, lehnen deren Gebaren aber ab. Wir konzentrieren uns auf Jesus und sein Wort, nicht auf unsere Emotionen.

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